ein paar tips zu sibiu und bukarest...
29.10.2004

SIBIU/HERMANNSTADT - uebernachten: die pension "podul minciunilor" in der str. azilului ist nett und ruhig. grosse zimmer mit bad und tigerbettwaesche. doppelzimmer kostet 22,50 euro pro nacht. sie liegt uebrigens in der naehe der "luegenbruecke" (rum.: podul minciunilor), auf der man die wahrheit sagen muss, sonst stuerzt sie ein. essen: das "la turn" am hauptplatz von sibiu hat eine lange karte, auf der es auch transsilvanische spezialitaeten wie schweineschnitzel mit hirn gefuellt gibt (schmeckt bescheiden). dazu laeuft entweder techno oder es spielt eine rumaenische kapelle. sehr lustig. trinken: das "art cafe" im gebaeude der philharmonie ist eine von zwei angesagten kneipen. gute musik. schoen zum versacken. BUKAREST - uebernachten: das hotel "carpati" ist nicht uebel und ueberhaupt eins der wenigen guenstigen in dem moloch. der fruehstueckskellner parliert uebrigens fliessend auf englisch, franzoesich und deutsch. ein doppelzimmer kostet 37 euro pro nacht, fruehstueck inklusive. trinken: auf dem victoriei-boulevard, hinter der kreuzung regina-elisabeta-boulevard gibt es direkt auf der rechten seite eine passage mit einigen brauchbaren bars. im historischen zentrum ist das grand cafe amsterdam ganz gut. sonst ist das in der stadt alles etwas zaeh. essen: das restaurant "burebista" (adresse wird noch nachgetragen) ist auf wild spezialisiert und bietet auch baerenfleisch an.

 

"Big apple" im Osten
bukarest, 28.10.2004

Hier wird nicht geschlendert, hier gehts zur Sache. Rastloses Treiben und wild pestender Verkehr in den Strassenzuegen in Downtown. Nichts Gemuetliches, geschweige denn Liebenswertes. Streunende Koeter rivalisieren mit barfuessigen Strassenkinderm um Essbares. Diese Stadt ist tough und sproede, ein brodelnder brutaler Moloch. "Hast Du's hier geschafft, dann schaffst Du's ueberall.", um good old Frankie zu zitieren. Sozialistische Monumentalbauten, die die ehemalige Altstadt unter sich begraben neben Prunkbauten aus frueheren Epochen. Aus dem Himmelreich der Trinker, einer gigantischen Bierhalle mit hohen Gewoelbedecken und Freskenmalereien wankt uns nachts ein Betrunkener entgegen, gepflegter Anzug, in jeder Hand ne Flasche. Nach einigen Lallungen kriegen wir mit, dass es sich um einen Russen handelt. Er will unbedingt mit uns anstossen. Waehrend wir uns zuprosten lallt er auf uns ein. Zum Abschied werden wir geherzt und gedrueckt, bekommen segnend seine Hand aufgelgt und ziehen mit der Falsche Wein von dannen, die er uns grosszuegig ueberlassen hat. Komischerweise haben wir ausgerechnet in dieser viertel Stunde das Erdbeben verpasst, wie wir am naechsten Morgen in der Zeitung lesen. Immerhin Staerke 6 auf der Richterskala. Nix gemerkt. Der Russe hat's wohl weggesegnet. nach Dikat verreist. -dwo

 

now that's what I call capitalism
bukarest, 27.10.2004

zum beeindruckenden zeugnis kapitalistischer produktivitaetssteigerung in rumaenien geraet uns die taxifahrt vom bukarester nordbahnhof zum hotel in der innenstadt. die frau von der rezeption hatte mich am telefon schon vor den "falschen" taxis gewarnt. " sie muessen unbedingt in ein gelbes taxi einsteigen und darauf achten, dass der taxameter eingeschaltet wird." gesagt, getan. wir steigen zielstrebig ins erste gelbe taxi der langen reihe vorm bahnhof. der fahrer schaltet brav das taxameter an und heizt dann wie eine gesengte sau los. tja, und dann faengt das taxameter an zu spinnen: etwa im 5-minuten-takt tickt es sich zu immer absurderen preisen hoch. toller tip vom hotel, denke ich. als wir ankommen, stehen 400.000 lei auf der anzeige (etwa 10 euro). das ist etwa so, als ob wir vom dammtor nach st. pauli 70 euro bezahlt haetten. nach dem offiziellen kilometerpreis von 8.000 lei haetten das hoechstens 50.000 lei werden koennen. ich steig aus und beaeuge misstrauisch den wagen. 30.000 lei pro kilometer steht da in zahnfarbener schrift auf gelbem grund auf der tuer, das kann man in der funzelbeleuchtung auf dem bahnhofsvorplatz ja auch gut lesen. das dumme: das ganze ist kein beschiss. "seit der liberalisierung des taxigewerbes vor zwei jahren kann jeder so viel verlangen, wie er will, und trotzdem sein taxi in der offiziellen farbe gelb anmalen", klaert uns der hotelrezeptionist gelangweilt auf. nach zehn tagen haben wir also unser erstes "schwundgeld" zu beklagen. aber irgendwie ist das doch auch beeindruckend. der taxityp verdient also acht bis zehn mal so viel pro zeit wie andere offizielle taxen. da kann er leicht verschmerzen, dass kein bukarester je bei ihm einsteigen wird. er arbeitet einfach effizienter als seine kollegen und hat mehr freizeit. 2007, wenn rumaenien in die EU kommt, wird es uns zeigen, was ein aufschwung ist. und man muss nicht mal mehr laenger arbeiten, wie uns unsere wirtschaftsvertreter seit monaten weismachen wollen. einfach mehr geld fuer wertarbeit verlangen. -nbo

 

Sibiu H null/Modell mit Baeumen
sibiu, 26.10.2004

Das ist es also, das sagenumwobene Transilvanien. Vom Turm in Hermannstadt schauen wir ueber ein wippendes Meer aus roten Schindeldaechern, am Horizont die Bergkette der Karparten. Ein idyllisches kleines Oertchen, in dem sich gerade allerhand tut. Restaurierungsarbeiten an jeder Ecke, ganze Strassen aufgerissen. Auch der grosse Marktplatz soll bis 2007 neu gepflastert werden. Bis dahin wird geschuftet, was das Zeug haelt. Und dann ist es soweit: Rumaenien tritt der EU bei und Hermannstadt ist Kulturhauptstadt Europas. Mag man heute noch gar nicht glauben, denn bislang wirkt es eher wie ne Ritterburgen Stadt von Playmobil. Ein belebtes Rothenburg ob der Tauber mit erstaunlich vielen Jugendlichen, an denen sich Graf Dracula des naechtens guetlich tun kann. nach Diktat verresit -dwo

 

reste einer parallelwelt
sibiu, 26.10.2004

am bahnhofsgebaeude steht "sibiu". aber jahrhunderte lang ist dies "hermannstadt" gewesen, die quasi-haupstadt von siebenbuergen. eine von zwei regionen auf der welt, wo man eine art deutscher "expatriat"-kultur findet (neben namibia). fuer deutsche ist ja eher seltsam, in der ferne auf einheimische zeitungen in der eigenen sprache zu stossen (wie die "hermannstaedter zeitung" oder die "allgemeine deutsche zeitung" aus bukarest), oder in geschaeften von einheimischen immer wieder auf deutsch angesprochen zu werden. wen's interessiert: hier ist die vorgeschichte. im 12. jahrhundert wurden vom koenig von ungarn siedler aus dem rheinland in das land hinter dem wald (=transsilvanien) angeworben, die sich als bauern und handwerker niederliessen. sie unterstanden nur ihm und keinem fuersten oder adligen sonst, ziemlich einmalig im mittelalter. bis ins 19. jahrhundert ist dieses als "siebenbuergen" bezeichnete gebiet dann ein eigenes staatliches gebilde unter ungarischer krone gewesen, das drei "nationen" umfasste, ungarn, szekler und sachsen (obwohl es ja eigentlich rheinlaender waren). 1557 beschloss der siebenbuerger landtag als erste region in europa die gleichstellung von protestanten und katholiken - lange vor dem 30-jaehrigen krieg, als sich beide den kopf einschlugen, und noch laenger, bevor der "alte fritz" in preussen die religionsfreiheit gewaehrte. von wegen hinterwaeldler... als nach dem ersten weltkrieg die K.u.K.-monarchie zerfiel, entschieden sich die sachsen (ebenso wie banater und sathmarer schwaben) als erste nichtrumaenische minderheit dafuer, sich dem rumaenischen staat anzuschliessen und diesen als den ihren zu begreifen. hoechst bemerkenswert zu einer zeit, in der die deutschen "zuhause" laengst vom nationalismus zerfressen waren. von wegen hinterwaeldler... die grosse abwanderung setzte im zuge des zweiten weltkrieges ein, denn in den 30er hatte dann auch der nationalsozialismus in siebenbuergen fuss gefasst, was rumaenen und russen (als besatzungsmacht in rumaenien) nicht vergassen. heute gibt es vielleicht noch 40.000 rumaeniendeutsche von einst 800.000. doch die einstige deutsche parallelwelt ist noch nicht ganz verschwunden: wer die hermannstaedter zeitung liest, findet berichte aus kronstadt, nicht brasov, aus klausenburg, neppendorf oder schaessburg... in der buchhandlung "friedrich schiller" in hermannstadt liegen gedichtbaende von rumaeniendeutschen aus, und die architektur erinnert eher ans alpenvorland als an sued(ost)europa. leute heissen hier immer noch klein, wagner oder wittstock mit nachnamen. inzwischen kommt deutsch sogar wieder in mode. wie uns toni aus potsdam, der im hermannstaedter kulturamt ein praktikum macht, abends im art cafe erzaehlt, gebe es einen richtigen run auf deutschkurse. im hintergrund laeuft dabei miles davis' "doo bop". nostalgie ist ueberfluessig: siebenbuergen war gestern, europa ist heute. -nbo

 

ein tag im zug
zwischen budapest und sibiu, 25.10.2004

budapest entlaesst uns an einem grauen, feuchten herbsttag. auf gleis sieben des hauptbahnhofs faehrt der IC nach bukarest ab: rumaenische waggons, braun und angeschmuddelt. waehrend wir ueber plattes land durch morgennebel fahren, gibt mein schwarzer kuli beim schreiben seinen dienst auf. da ich die marotte habe, nur in schwarz in mein tagebuch zu schreiben, versuche ich, im zug einen schwarzen kuli aufzutreiben. ich will schlau sein und ihn gegen einen der leuchtend blauen gauloise-kulis tauschen, die uns uli zuenkler zum bestechen aethiopischer grenzbeamter mitgegeben hat. der bebrillte kellner im speisewagen hat vielleicht einen, denke ich. ich steh also vor ihm und erklaere ihm meine marotte auf englisch. er versteht kein wort. nimmt meinen gauloise-kuli, kritzelt auf seine hand und siehe da, die tinte ist schwarz. wie peinlich. ich nehm unglaeubig den kuli und kritzele nun in meine handflaeche. kein zweifel - das teil schreibt schwarz. bin nie auf die idee gekommen, dass ein gauloise-kuli mit leuchtend blauem gehaeuse nicht blau schreiben koennte. der speisewagen-mann sieht mich mit einem blick an, als ob er mich fuer irre haelt. er schleudert mir noch ein ungarisches wort entgegen, und ich trete schnell den rueckzug an. an der rumaenischen grenze ist erst einmal stillstand angesagt. es ist offensichtlich, dass die EU hier endet: ein heer von grenzbeamten und bahnpersonal entert den zug. der grenzbeamte macht den ersten stempel dieser reise in unseren pass, der zoellner fragt uns nach mitgefuehrten pistolen, geschenken und rumaenischen lei (die waehrung dort), die schaffnerin redet rumaenisch auf mich ein, auch dann noch, als ich auf englisch bekunde, nichts zu verstehen... dann das wunder: hinter der stadt arad oeffnet sich zum ersten mal nach 1700 bahnkilometern eine landschaft, die nicht einfach nur platt, sondern von saftig gruenen huegelketten durchzogen ist, der herbst hat noch nicht begonnen, die luft ist warm, die durchs offene fenster hereinstroemt. ich schau auf die uhr. noch eine halbe stunde bis deva, wo wir umsteigen muessen. letzte gelegenheit, ungarisches kleingeld im speisewagen loszuwerden. ich pirsch mich hin, versuche, vom kellner unbemerkt, einen blick in die speisekarte zu werfen. der haelt mich sowieso schon fuer bescheuert. aha. fritten fuer 300 forint (1,20 euro). ich geh zurueck ins abteil, hole unseren blechteller. wieder zurueck zum kellner, der inzwischen mit rumaenen bier trinkt. ich bedeute ihm, die fritten in den teller hinein haben zu wollen. er verschwindet in seiner kueche. dann passiert nichts mehr. ich schau nervoes auf die uhr. noch 20 minuten. von wegen: die auslaeufer von deva kommen in sicht. ich frag den doesenden schaffner, ob das deva sei. ja, sagt er. was ist mit den fritten? ich stecke meinen kopf in die kueche. der kellner sieht mich, ich versuch ihm zu erklaeren, dass ich die fritten jetzt sofort brauche. er winkt mich an den herd, auf dem in einem sieb im siedenden fett die fritten schlapp werden. sind die gut genug fuer dich, bedeutet er mir? der zug faehrt in den bahnhof ein. er schuettet mir die fritten auf den blechteller. der zug haelt. woldo ist mit dem gepack vier waggons entfernt. ich nehm den frittenteller in beide haende und draengle mich durch ein- und aussteigende. das geht nicht schnell genug. ich steig aus und renne den bahnsteig entlang bis zum ersten waggon hinter der lok, den frittentelle balancierend. woldo hat das gepaeck in die tuer geschafft. der schaffner pfeift. es ist furchtbar. noch die jacken aus dem abteil gegriffen, rausgesprungen, und der zug faehrt ab. dann atmen wir durch, lachen und essen auf dem bahnsteig erst mal unsere fritten. der bahnhof ist fuerchterlich. er erfuellt alle klischees von suedosteuropa: ich komm mir vor wie in "schwarze katze, weisser kater". autos, die schon seit jahrzehnten nicht mehr fahren duerften, bettelnde kinder mit schwarzen nackten fuessen. wir trinken einen halben liter bier fuer 30 cent. in den rillen des bierglases aussen klebt schwarzer schmuddel. die frau an der bierausgabe lacht - lacht sie mich gar aus? immerhin: die bank, in der ich geld tausche, hat jeden tag bis 18:30 uhr auf. nicht solche behoerdenzeiten wie unsere geldhaeuser. nach dem bier gehen wir auf bahnsteig 3. kurz bevor unser zug kommt, faehrt hier ein anderer ein. er faehrt auch nicht weg, als unser zug kommt - auf gleis 2. was nun? wir greifen unser gepaeck, in den zug auf gleis 3 rein, auf der anderen seite wieder raus, woldo schrammt sich das schienbein dabei an. in rumaenien darf man gottseidank auf beiden seiten ein- und aussteigen. nicht so in unserem zug, so ein ultraneues teil von siemens, gegen den jeder deutsche IC abstinkt. hier gehen die tueren nur auf einer seite auf. was ist hier los? wir hechten zwischen den zuegen entlang, um unseren herum und dann sind wir endlich drin. bis sibiu passiert nichts mehr. wir sind da, nach 12 stunden. -nbo

 

 

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